"Ihr seid gesandt"
58 Religionslehrerinnen und Religionslehrer haben am Dienstag, 12. September, ihre kirchliche Lehrbeauftragung, die sogenannte Missio Canonica, erhalten. „Ihr seid gesandt“, machte Generalvikar Wolfgang Rösch den Frauen und Männern in einem Gottesdienst im Limburger Dom bewusste. Mit der Verleihung der Urkunde seien auch eine besondere christliche Sendung und ein wichtiger Auftrag verbunden. Die Religionslehrer stünden heute wie die Apostel damals in der Nachfolge Jesu Christi. „Christus sendet die Zwölf aus. Sie sind nun die, die mit Christus auf den Berg gehen und von ihm etwas empfangen“, sagte Rösch mit Blick auf das Evangelium von der Aussendung der Apostel.
Die Verleihung der Missio Canonica sei ein Zeichen großen Vertrauens. „Christus selbst gibt sich in unser Herz hinein“, sagte Rösch. Dieser Zuspruch Gottes könne einen Menschen verändern. „Möge ihr Leben geprägt sein vom Ja des Vaters. Möge ihr Leben aufgehen und fruchtbar sein, sodass sie glücklich sind“, betonte der Generalvikar. Für ihr zukünftiges Berufsleben wünschte Rösch den Lehrern Kraft und Geduld. „Wir werden Dinge erleben, die uns ermutigen und entmutigen. Bewahren sie sich die Begeisterung des Anfangs“, sagte Rösch.
Eine verständliche Sprache finden
Beim Tag der Religionspädagogik in der Limburger Stadthalle hatte der Generalvikar am Vormittag an besondere Herausforderungen erinnert, vor denen katholische Religionspädagogen stehen. Sie müssten am Lernort Schule eine verständliche Sprache sprechen, die die Lebensrealität der Kinder und Jugendlichen im Blick habe. Die Lehrer seien mit ihrer Persönlichkeiten gefragt und müssten als Lehrer überzeugende Vorbilder sein. „Die Kirche und die Zivilgesellschaft braucht überzeugende Persönlichkeiten“, sagte Rösch. Der Beruf des Lehrers sei eine Berufung, in der es darum gehe, Menschen nicht nur Wissen zu vermitteln, sondern sie in ihrer Persönlichkeit zu prägen.
Der Tag der Religionspädagogik stand in diesem Jahr unter dem Motto „Hashtag Sprache“ und fragte nach Möglichkeiten und Grenzen religiöser Sprache in der Schule. Sprache sei ein Spiel mit Wörtern, betonte Andreas von Erdmann, Dezernent Schule und Bildung im Bistum Limburg. Sie könne nicht nur das abbilden, „was der Fall ist“, sondern besitze auch das Potenzial, sich zu übersteigen. Sprache präge das Handeln. Zugleich reiche eine „normale Sprache“ nicht aus, um religiöse Wirklichkeiten zu beschreiben.
Der Augsburger Religionspädagoge und Buchautor Georg Langenhorst betonte vor mehr als 150 Pädagogen, dass religiöses Sprechen heute zunehmend schwieriger werde. „Theotope“ – so bezeichnet Langenhorst Räume, in denen theologisches Denken und Reden selbstverständlich sei und verstanden werde – würden heute immer kleiner. Sie schrumpften nicht nur weil viele Menschen die Kirche verließen oder immer weniger Kinder und Jugendliche hineingeboren würden, sondern auch weil religiöses Reden bis in die kirchlichen Kernmilieus an Bedeutung und praktischer Lebensrelevanz verliere.
Religiöse Rede unterliegt heute besonderen Bedingungen
Am Beispiel der schweizerischen Ordensfrau Silja Walter (1919 bis 2011) zeigte Langenhorst sechs Grundbedingungen für eine angemessene religiöse Rede auf. So müssten sich Pädagogen stets im Klaren darüber sein, dass jedes Sprechen von Gott lediglich eine Annäherung an das Absolute sei. Bilder, Metaphern und Symbole zur Beschreibung seien zwar nicht grundsätzlich falsch, würden Gott aber auch nicht gerecht werden. Trotz dieser Unfähigkeit, Gott angemessen erklären zu können, müssten Religionspädagogen immer wieder Versuche unternehmen und Schülern Perspektiven anbieten. Dabei dürften sie sich nicht nur auf alte Sprache und Begriffe beschränken, die Lehrkräfte stünden vielmehr vor der Herausforderung stets neue Bilder und Symbole zu finden.
Religiöse Rede könne laut Langenhorst besonders dann fruchtbar werden, wenn Kinder und Jugendliche durch den Lehrer Wertschätzung erführen. Im Sprechen und Handeln des Lehrers müsse der liebevolle und bedingungslose Zuspruch Gottes an die Menschen beispielhaft erfahrbar werden. „Ich träume davon, dass ein solcher Grundgedanke auch am Lernort Schule eine Rolle spielen kann. Wer das im Innern spürt, für den verändert sich alles“, ist Langenhorst überzeugt.
Religionslehrer sollen sich nicht anbiedern
Im Anschluss diskutierten Professor Langenhorst, die Medienpädagogin Alia Pagin aus Offenbach, der Religionspädagoge Rainer Oberthür aus Aachen sowie der Leiter des Amtes für katholische Religionspädagogik in Wiesbaden, Thorsten Klug, darüber, wie es der Kirche wieder gelingen könne, junge Menschen anzusprechen. „Ich habe oft erlebt, dass Religionslehrer etwas ins ,Coole‘ übersetzen wollen. Das kann schnell schiefgehen“, erklärte Pagin. Bei ihr hätten besonders Lehrer, die sich nicht angebiedert hätten, Eindruck hinterlassen. Religionslehrer müssten heute Haltungen klar formulieren und zugleich die Kinder in ihren Fragen und Anliegen ernst nehmen. „Ich appelliere daran, Kindern auch etwas zuzumuten und ihnen etwas zuzutrauen“, sagte Pagin.
Der Leiter des Amtes für katholische Religionspädagogik in Wiesbaden, Thorsten Klug, warb dafür, sich mit biblischen Texten zu beschäftigen. Die 2017 erschienene revidierte Einheitsübersetzung zeichne sich durch eine verständlichere Sprache aus. „Die Revision versucht den Spagat zwischen Ausgangs- und Zielsprache stärker zu Gunsten der Zielsprache aufzulösen“, betonte Klug.