Herausforderungen an den Glauben
Bayrisches Temperament und Leidenschaft für den Beruf paaren sich bei Christian Stückl, dem Leiter der weltberühmten Oberammergauer Passionsspiele, mit großer Treue zum Evangelium und überzeugter Menschenfreundlichkeit. Beim traditionsreichen Aschermittwoch der Künstler, zu dem das Bistum Limburg alljährlich in das Frankfurter Haus am Dom einlädt, legt e einen Parforceritt durch 400 Jahre Festspielgeschichte hin. Haare raufend und die Ärmel hochkrempelnd lässt er eine Geschichte von bayrischer Traditionshörigkeit und katholischem Antisemitismus lebendig werden, dass es selbst den Zuhörern den Atem raubt.
Seit 1990 hat Stückl das Passionsspiel bereits dreimal inszeniert, dabei hat er die Geschichten entrümpelt, von ihrer jahrhundertealten antisemitischen Prägung befreit und mit so mancher Tradition gebrochen. Dass er sich dabei nicht nur Freunde gemacht hat, weder im Gemeinderat, noch in der katholischen Kirche oder der gelehrten Theologie, lacht er mit humorigen Anekdoten weg. Doch das Ringen um jede Szene wird in seiner Schilderung mehr als anschaulich, ist es doch im Grunde ein Ringen um die Religionsfreiheit im Passionsspiel, ohne den Menschen Jesus und seine frohe Botschaft je aus dem Blick zu verlieren.
Stückl ist Regisseur und Intendant es Münchner Volkstheaters. Er inszenierte den „Jedermann“ bei den Salzburger Festspielen und arbeitet regelmäßig an den großen deutschsprachigen Theater- und Opernhäusern.
Beten und Fasten brauchen keine Inszenierung
Beim Aschermittwochsgottesdienst im Kaiserdom St. Bartholomäus ging anschließend auch der Limburger Bischof Georg Bätzing auf die Faszination von Theater und Schauspiel ein. Geschichten zu spielen sei Ausdruck menschlicher Sinnsuche, Geschichten seien die wichtigsten Hilfsmittel, wenn es darum gehe, Wirklichkeit zu verarbeiten und sich zu erinnern. Doch entscheidend seien ein realistischer Blick und eine ehrliche Wahrnehmung seiner selbst, „Dann nehmen wir uns weniger wichtig“. Im Blick auf die 40 Tage der Fastenzeit mahnte der Bischof deshalb, die Zeit zu nutzen und sich zu fragen: Wer bin ich wirklich? In der Wahrnehmung der anderen? In der realistischen Selbsteinschätzung? In den Augen Gottes?
Selbstlosigkeit, Beten und Fasten seien uralte Übungen, die man nicht in eine Geschichte packen müsse, hob der Bischof hervor: da müsse man nichts in Szene setzen, nichts vorspielen, sondern es einfach tun: „Echte Frömmigkeit ist keine Performance.“ Sie treffe ins Herz und verändere den Menschen.