Eine Welt für sich
Wenn einer Mutter, die mit ihren drei kleinen Kindern durch Europa reist, kurz vor dem Heimflug in die USA die Handtasche gestohlen wird, mit Ausweisen, Tickets, Geld, dann ist die Not groß. Ebenso groß ist die Verzweiflung, wenn ein Passagier kurz nach der Landung einen plötzlichen Herztod stirbt und die Angehörigen fassungslos zurücklässt, oder wenn jemand ans Sterbebett der Mutter gerufen wird und einen Menschen braucht, der mit ihm betet. Aber auch, wenn eine Pilgergruppe einen Reisesegen möchte, ist sie bei der katholischen Flughafenseelsorge am rechten Platz. Sie bietet am Frankfurter Flughafen Hilfe in nahezu jeder Lebenslage.
Ein Team aus haupt- und vielen ehrenamtlichen Kräften ist Tag für Tag in der Flughafenseelsorge ansprechbar. Da sind ehemalige Französischlehrer, die sich freuen, im Ruhestand weiterhin ihre Sprachkenntnisse anwenden zu können, ebenso wie Menschen, die immer schon vom Flughafen angezogen waren und die internationale Betriebsamkeit lieben, oder solche, die selber früher beruflich geflogen sind und immer noch gerne „Kerosin schnuppern“, sie alle unterstützen Pater Heinz Goldkuhle und den jungen nigerianischen Pfarrer Benjamin Agbara in der Seelsorge, die keineswegs nur den Passagieren zugutekommt, sondern auch Mitarbeitern und Besuchern.
Beichtgespräche, Pilgersegen und ein tröstendes Wort
Am Donnerstag, 24. Mai, konnte sich der Bischof von Limburg, Georg Bätzing, ein Bild machen von der Arbeit am Flughafen. Im Rahmen seiner Visitation der katholischen Stadtkirche Frankfurt war er zu einem Hintergrundgespräch mit Fraport-Vorstandschef Stefan Schulte und Arbeitsdirektor Michael Müller zusammengetroffen. Anschließend ging es per Bus über das Vorfeld, wo die großen und kleinen Maschinen gewartet und startklar gemacht werden. Das Start- und Landebahnsystem ebenso wie die Ausbauarbeiten für das Terminal 3, das derzeit im Süden des Frankfurter Flughafens auf den Flächen der ehemaligen US-Militärbasis entsteht, waren allemal einen Blick wert, ist der Flughafen doch Arbeitsplatz für rund 81.000 Arbeitnehmer.
In der Flughafenseelsorge erläuterte Pater Goldkuhle dann die vier Säulen, auf denen die Arbeit der Kirchen am Flughafen beruht: Das sind neben der eigentlichen Seelsorge mit Gottesdiensten, Beichtgesprächen und der Zuwendung zu jedem, der ein offenes Ohr braucht, der kirchliche Sozialdienst, der in Notlagen jeder Art ansprechbar ist, die Abschiebebeobachtung und die Flüchtlingshilfe. Sprachkenntnisse sind da wichtig, sind doch allein unter den Mitarbeitern am Flughafen mehr als 70 Sprachen vertreten.
Abschiebungen unter den Augen von Caritas und Diakonie
Ein besonderes Augenmerk des Bischofs lag auf der Abschiebebeobachtung. Zwei junge Rechtsanwältinnen sind hier im Auftrag von Caritas und Diakonie aktiv, um in enger Abstimmung mit der Bundespolizei zu gewährleisten, dass die Rückführung von Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis nach den gesetzlichen Vorgaben und mit größtmöglicher Rücksicht auf die Betroffenen geschieht. Wie die Abschiebungsbeobachterinnen Melisa Ergül-Puopolo und Anne von Moltke berichteten, können sie selbst nicht in den Ablauf einer Abschiebung am Flughafen eingreifen. Sie können sich jedoch bei Problemen unmittelbar an den Dienststellenleiter der Bundespolizei wenden. Die Arbeit sei vertrauensvoll und von gegenseitigem Respekt getragen, betonten beide übereinstimmend.
Die Abschiebungsbeobachterinnen sind Ansprechpersonen für Selbsthilfegruppen oder Beratungsstellen bei problematischen Abschiebungen, etwa bei der Trennung von Familien, bei Selbstmordgefahr oder bei Hinweisen auf Verfahrensmängel. Sie haben enge Kontakte zu Abschiebungshaftanstalten, arbeiten mit der Flughafenseelsorge und dem Kirchlichen Sozialdienst für Passagiere zusammen, unterstützen Menschen bei der Aufnahme und Vermittlung von Kontakten ins Heimatland, vermitteln zu allen an der Abschiebung Beteiligten oder bei noch offenen Verfahrensfragen zu beteiligten Rechtsanwälten und Behörden.
Das Bibelhaus als Element des Frankfurter Museumsufers
Am Abend war dann etwas Entspannung angesagt, als der Bischof vom evangelischen Kirchenpräsidenten Volker Jung (Evangelische Kirche von Hessen und Nassau/EKHN) durch das Erlebnismuseum Bibelhaus der Frankfurter Bibelgesellschaft in Sachsenhausen geführt wurde. Hier erhalten Schul- und Konfirmandenklassen ebenso wie viele Einzelbesucher einen intensiven Einblick in Überlieferung, Lebenswelt und aktuelle Bedeutung der Bibel. Mit zahlreichen szenischen Darstellungen, originalen Funde aus Israel und vielen Mitmach-Elementen versucht sich das Bibelhaus in der Reihe bedeutender Museen am Frankfurter Museumsufer zu behaupten.
Mit dem letzten Termin des Visitationstages kam dann noch eine verantwortungsvolle Sonderaufgabe auf Bischof Bätzing zu. Beim Besuch der Malteser-Geschäftsstelle erklärte er sich bereit, die Schirmherrschaft über die Malteser Medizin für Menschen ohne Krankenversicherung in Frankfurt (MMM) zu übernehmen: „Das Engagement der Malteser für Menschen ohne Krankenversicherung ist wichtig und gut, daher freue ich mich, das Projekt als Schirmherr unterstützen zu können“, sagte der Bischof, der selbst Mitglied der Malteser ist.
Seit Ende 2006 engagieren sich Ärzte und Krankenschwestern in der MMM Frankfurt dafür, dass Menschen ohne Krankenversicherung medizinische Beratung und Behandlung bekommen. Die MMM ist für Menschen da, die aus unterschiedlichen Gründen keine Krankenversicherung haben. Das ehrenamtliche Team hilft kostenfrei und unter Wahrung der Anonymität. Ein Netzwerk von 70 Facharztpraxen unterstützt die MMM Frankfurt. Stetig steigende Behandlungszahlen belegen deutlich die Notwendigkeit der Sprechstunde. Diese findet einmal wöchentlich montags von 15 bis 19 Uhr statt und wird vom Medicentrum am Markuskrankenhaus mit Praxisräumen unterstützt.