Ein Plädoyer für mehr Leidenschaft
Ein Plädoyer für mehr christliches Selbstbewusstsein aus dem Evangelium heraus hielt Gotthard Fuchs zum Auftakt der Fastenpredigten am Sonntag, 18. Februar. „Kirche – wo bist du? Gottesfragen heute“ hat Fuchs seine Predigt überschrieben.
„Vielleicht müsste es eher heißen: Das Evangelium in den Zeichen der Zeit“, so Fuchs. „Es entziffert sich neu als Evangelium, als die frohe Botschaft. Nämlich dass Gott uns nah ist wie eh und je. Und auch der Welt von heute.“ Die gegenwärtige Kirchenstunde zeige den Christen, dass sie selbst das Evangelium neu entdecken dürften.
Mit der Kreuzreliquie spendete Domdekan Günther Geis im Anschluss an die Predigt den Segen.
Selbstbewusstsein und Leidenschaft
„Was ist eigentlich los mit uns als Kirche in Deutschland?“, fragte Fuchs. Die Stimmung sei „ein bisschen Mut machend, ein bisschen hoffnungsvoll, aber auch betrübt.“ Wenig Leidenschaft sei zu spüren. „Das ist doch irgendwie verrückt. Uns ist etwas anvertraut, nämlich die Botschaft der Gegenwart Gottes in Jesus Christus und durch ihn und mit ihm und in ihm in jedem Menschen.“ Dies sei ein Grund für Leidenschaft und Selbstbewusstsein, sagte Fuchs.
Auch die Geschichte des Christentums, das Wirken in der Humanisierung der Welt, der Menschenrechte oder der Krankenhäuser seien Gründe für christliches Selbstbewusstsein. „Wir könnten bei aller notwendigen Demut doch etwas stolzer sein, oder? Es geht nicht darum, großmäulig zu werden.“ Doch sei es wichtig, davon überzeugt zu sein von dem, was den Christen geschenkt sei. Dann sei es auch möglich, diese Überzeugung neu zu benennen statt „alte Formeln aufzurufen“.
Papst ist „wunderbarer Glaubensbegleiter“
Fuchs lobte die Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus. „Zum Schatz unseres Glaubens gehört ein leidenschaftliches Ja zur Welt“, sagte der Gastprediger. „Dieses Lob der Schöpfung lädt dazu ein, mit jedem Menschen darüber ins Gespräch zu kommen, nicht was wir sein sollen oder sein wollen, sondern was wir sind, woher wir kommen.“
Fuchs wünsche sich, dass die Enzyklika von Papst Franziskus, der ein „wunderbarer Glaubensbegleiter“ sei, aufmerksamer gelesen würde. „Wir haben es lange genug anderen überlassen, die Ökologiefrage in den Mittelpunkt zu rücken, in der Gott anklopft und fragt: Was macht ihr mit meiner Schöpfung?“
Über den Tellerrand gucken
Fuchs bemängelte die zu starke Beschäftigung mit innerkirchlichen Fragestellungen und Strukturprozessen. „Ob die Pfarrei X oder Y zusammengelegt werden muss. Das sind schwere Prozesse, die müssen auch sein. Aber es geht uns um viel, viel mehr. Und je mehr wir über unseren Tellerrand gucken in der österlichen Kraft und die Gottesfragen an uns wahrnehmen, desto mehr werden sich die innerkirchlichen Fragen auch klären“, so Fuchs.
Die Fastenpredigten im Limburger Dom stehen in diesem Jahr unter dem Leitwort „Das Evangelium und die Zeichen der Zeit“. An den fünf Fastensonntagen lädt das Domkapitel um 17 Uhr in den Hohen Dom zu Limburg ein. Am Sonntag, 25. Februar, spricht Dr. Christian Hennecke zum Thema „Mit Leidenschaft Kirche sein“. Die Liturgie leitet Domkapitular Georg Franz.