Ein gemeinsamer Auftrag: Gerechtigkeit!
LIMBURG.- 500 Jahre nach der Reformation eint evangelische und katholische Christen mehr als sie trennt. Dies haben Kirchenpräsident Volker Jung (EKHN) und Weihbischof Dr. Thomas Löhr am Sonntagabend, 19. März, betont. Kirchenpräsident Jung war zur Fastenpredigt im Hohen Dom zu Limburg zu Gast und sprach über die Kennzeichen des evangelischen Christseins. Seiner Auffassung nach hätten Christen den gemeinsamen Auftrag mitten in der Welt nach Gott und nach Gerechtigkeit zu suchen. Kirche seien alle, die auf Christi Namen getauft sind. Sie hätten damit in dieser Welt den Zugang zu Gott zu bezeugen, der geschenkt sei in Jesus Christus. Im Glauben seien alle Christen, die wirklich an Jesus Christus glauben und im folgen wollen, miteinander verbunden und nicht voneinander getrennt.
Zugang zu Gott finden
Im Kern gehe es im Glauben darum, einen Zugang zu Gott zu finden. "Martin Luther war ein intensiver Gottsucher. Die Frage des Zugangs zu Gott war sein Lebensthema", sagte Jung. Luther sei davon überzeugt gewesen, dass Gott gerecht sei. Und dem Maßstab seiner Gerechtigkeit könne er nicht genügen. Niemand könne vor dem gerechten Gott bestehen. Luther habe diese Überzeugung in massive Ängste geführt, die er erst durch das Nachdenken über den Römerbrief des Apostel Paulus überwinden konnte. Darin heißt es: "Gerecht geworden durch den Glauben". Seine Entdeckung sei die gewesen, dass der Mensch nicht durch seine Gerechtigkeit gerecht vor Gott werden könne, sondern allein durch Gottes Gerechtigkeit. Dies sei die Gerechtigkeit, durch die Gott den Menschen gerecht mache. Diese Erkenntnis allein, die Luther auch verkündet hat, habe die Welt jedoch nicht wirklich gerechter, friedlicher, gnädiger und hoffnungsvoller gemacht.
"Glauben heißt wirklich, sich Gott anvertrauen. Glauben heißt, nicht auf unsere Leistung, auf unsere Kraft, auf unseren Glauben oder was auch immer zu vertrauen. Glauben heißt, sich ganz Gott anzuvertrauen. Auf das, was Gott für uns tut. Darauf, wie Gott uns ansieht, nämlich als seine geliebten Kinder", sagte Jung. Daraus könne der Mensch Kraft schöpfen und Orientierung gewinnen. Wer so glaube, gewinne einen anderen Blick auf sich selbst und auf die Welt. "Es ist manchmal erschreckend, wie menschenverachtend geredet wird. Natürlich ist es nicht einfach, viele Menschen mit unterschiedlichen Kulturen und Religionen in einer Gesellschaft zu integrieren. Da braucht es kluges, politisches Handeln. Und es braucht auch Geduld und Hoffnung. Gefährlich wird es, wenn Ängste geschürt werden. Und gefährlich wird es, wenn Menschengruppen pauschal verdächtigt oder verunglimpft werden", betonte Kirchenpräsident Jung. Wer sich als Christenmensch Gott anvertraue, der in Christus zu den Menschen gekommen ist und immer wieder Zugang zu deren Leben sucht, erfahre, dass Gottes Liebe allen Menschen gelte. "Im Glauben an Christus kann man nur jeder Form von Diskriminierung und jeder Form von Rassismus entgegentreten", sagte Jung in seiner Predigt.
Vertrauen, Verlässlichkeit, geschwisterlicher Umgang
Weihbischof Dr. Thomas Löhr begrüßte den Kirchenpräsidenten als Fastenprediger und stand der Liturgie vor. Er lobte das gute Verhältnis zwischen evangelischen und katholischen Christen und das gewachsene Vertrauen und Miteinander der Kirchen in der Region. In den gesellschaftlichen Herausforderungen der Zukunft werde dies für uns als Evangelische Kirche in Hessen und Nassau und als Bistum Limburg immer wichtiger. Löhr blickte auf die vergangenen 500 Jahre zurück und machte deutlich, dass Vertrauen, Verlässlichkeit, geschwisterlicher Umgang, gegenseitiges Verständnis in der Geschichte nicht immer selbstverständlich gewesen sei. Katholiken sei es daher wichtig, im Dreiklang von Dankbarkeit, Buße und Hoffnung die Symphonie des Reformationsgedenkens zu spielen. "Die katholische Kirche verdankt der Reformation nicht wenig. Manches steht noch aus, vor allem das Sakrament der Eucharistie betreffend. Vieles ist erreicht: denken wir an die Taufanerkennung. Wir wollen doch nicht getrennt glauben und beten, sondern gemeinsam. Nicht getrennt das Evangelium Jesu verkünden, sondern gemeinsam. Nicht getrennt den Armen die frohe Botschaft bringen, sondern gemeinsam", so Weihbischof Löhr.
Die Reihe der Fastenpredigten im Hohen Dom werden am vierten Fastensonntag, um 17 Uhr, fortgesetzt: Professor Dr. Thomas Söding aus Bochum predigt dann zu den "Kennzeichen katholischen Christseins". Die Liturgie hält Domkapitular Dr. Wolfgang Pax. (StS)
Die Predigt von Kirchenpräsident Dr. Volker Jung können Sie hier Nachhören.