An der Schule über Beruf, Leben, Gott sprechen
LIMBURG/OBERURSEL. ? „Wofür brauchen wir Religion im Unterricht: Die können doch einfach sonntags in die Kirche gehen“: Diese Einstellung gebe es durchaus noch in vielen Betrieben, „aber das ändert sich langsam“, sagt Marc Fachinger. Der promovierte Theologe kennt den Religionsunterricht in diesem Umfeld aus eigener langjähriger Erfahrung und hat sich als Referent für die Beruflichen Schulen im Bistum Limburg vor allem eins auf die Fahnen geschrieben: „Das Fach stark machen!“ Seit er vor knapp einem Jahr die Unterrichtspraxis an der Hochtaunusschule in Oberursel mit der Position im Dezernat Schule und Bildung getauscht hat, hat er bereits rund ein Drittel der beruflichen Schulen besucht und dabei vonseiten der Schulleiter überwiegend positive Resonanz bekommen.
Ein Ort für das Andere
Natürlich gebe es auch skeptische Einstellungen, da müsse Überzeugungsarbeit geleistet werden, sagt Fachinger. Insgesamt aber werde der Religionsunterricht zunehmend als wichtiger Bestandteil der Persönlichkeitsentwicklung wahrgenommen. Umso mehr bedauert er es, dass immer noch rund die Hälfte des Religionsunterrichts an Berufsschulen in Hessen ausfalle. Dabei liege die Bedeutung des Fachs auf der Hand. Schließlich sei der Mensch mehr als seine Arbeit. Er werde auch in Ausbildung und Beruf konfrontiert mit Trauer, Tod, Glück und Schuld - „der ganzen Palette“. Da brauche es „einen Ort für das Andere“, an dem es nicht um die "Verzweckung" des Menschen gehe, sondern darum, eine andere Dimension in den Blick zu nehmen.
Unterricht im Klassenverband
Die Schüler, die in ihren Betrieben oftmals einen schweren Stand hätten und durchaus auch ausgebeutet und heruntergesetzt würden, machten im Religionsunterricht die Erfahrung, akzeptiert und als Menschen gesehen zu werden. Sie erlebten die Religionslehrer als diejenigen, „die ein offenes Ohr für uns haben“, und mit denen man über „Beruf, Leben, Gott“ ins Gespräch kommen könne. Unterrichtet wird dabei ? mit wenigen Ausnahmen und von den beruflichen Gymnasien abgesehen ? im Klassenverband. „Da sitzen evangelische Christen ebenso wie Muslime, Zeugen Jehovas und bewusste Atheisten“, berichtet Fachinger.
Katholische Berufsschule für das Bistum
In dieser Heterogenität liegt nach seinen Worten die große Herausforderung für die Religionslehrer, die zugleich durch diese Erfahrungen Vorreiter sein könnten für andere kirchliche Bereiche. „Was heißt es, in diesem Umfeld katholisch zu sein?“ Diese Frage gehöre an den beruflichen Schulen zum Arbeitsalltag. Eine Idee dafür, wie diese Lebenswirklichkeit kirchlicherseits mehr in den Blick kommen könnte, hat Fachinger auch: „Eine eigene Berufsschule, offen, aber mit katholischem Profil: Das würde dem Bistum Limburg gut anstehen“, ist er überzeugt.
Wie Jugendliche ticken
Ein Herzensanliegen ist dem Referenten die Ausbildung der eigenen Leute: „Wir müssen unbedingt mehr investieren in die kirchlich religionspädagogische Qualifikation“, betont er: „Schließlich brauchen wir gute Leute an den Schulen!“. Er selbst will den Bezug zur Praxis nicht verlieren. Ab August unterrichtet Fachinger vier Stunden Religion an der Glasfachschule in Hadamar. Es sei ihm wichtig, wenigstens "ein Bein" in der Schule zu haben, sagt er. Er habe das Unterrichten vermisst, zumal er selbst dabei am meisten lerne. So brauche er als Berufsschullehrer zum Beispiel keine Jugendstudie, um zu wissen, „wie die jungen Leute ticken“. (rei)
Weitere Informationen auf der neuen Website unter www.bbs.bistumlimburg.de.