Abschied vom Anwalt der Kleinen und Benachteiligten
Das Bistum Limburg hat Abschied genommen von einem leidenschaftlichen Priester, renommierten Theologen und sozial engagierten Menschen: Am Freitag, 15. Juni 2018, feierten Weggefährten wie Altbischof Dr. Franz Kamphaus und Weihbischof em. Dr. Gerhard Pieschl, Freunde, Angehörige und Gläubige aus der Diözese Limburg und der Partnerdiözese Sarajevo, das Requiem für Prof. Dr. Ernst Leuninger. Im Alter von 84 Jahren war er am Samstag, 9. Juni 2018, in Limburg verstorben. Er wurde auf dem Domherrenfriedhof am Limburger Dom bestattet.
Im Tod gehe nichts von dem, was Leuninger als Priester und Freund, als Familienmensch, als Theologe und Dezernent aufgebaut, getragen und durchlitten hat, verloren, betonte Domdekan Dr. Günther Geis in seiner Predigt. Er sagte: „Wir vertrauen fest darauf, dass nach allem Mühen um Gottes Reich im Haus des Vaters für Ernst eine Wohnung bereitet ist“.
Er wurde immer stiller
Geis blickte in seiner Predigt auf das erfüllte Leben Leuningers zurück und skizzierte auch die letzten Lebensjahre des Verstorbenen. „In den letzten Jahren wurde es immer stiller um ihn. Er, der vielseitig interessierte, begabte, wissenschaftlich profilierte und besonders in sozialen Fragen engagierten Priester wurde wegen seiner umfassenden Bildung bisweilen auch „doctor universalis“ genannt. Aber gerade er, der in seinem arbeitsreichen Leben so viel geschrieben, zu so vielen Themen geredet, aktuelle Predigten, interessante Vorträge und Vorlesungen gehalten hatte, sprach immer weniger. Zuletzt schwieg er ganz“, so Geis. Bei seinen Besuchen habe Leuninger ihn immer mit großen Augen angeschaut, wach zugehört, aber geschwiegen. „Sein Blick kam aus dem Schweigen, einem Schweigen, das mit Gott verwandt ist. Bei der Verabschiedung habe nicht nur ich ihn gesegnet, auch er zeichnete mir immer ein Kreuz auf die Stirn. Es waren keine langen Besuche, aber doch bewegende und unvergessliche Begegnungen“, sagte der Domdekan. Still und erwartungsvoll sei Leuninger dann gestorben. Im Tod habe ihn Gottes erbarmende Liebe umfangen, die er zeitlebens in Wort und Tat bezeugt habe.
Lebenslanges Mühen um Solidarität und Gerechtigkeit
Eine auffallend starke Seite des Wesens und des priesterlichen Wirkens von Ernst Leuninger sei von jeher seine Anwaltschaft für die Kleinen und Benachteiligten gewesen. Für sein Mühen um Solidarität und Gerechtigkeit bekam er den Walter-Dirks-Preis und das Bundesverdienstkreuz. „Sein waches Gespür für Menschen am Rande, die man bis zur Stunde so leicht übersieht und seine Widerständigkeit gegen ungerechte Strukturen, steckt nach meiner Wahrnehmung bei allen Leuningers tief in den Genen und hat, wie wir wissen, ja auch Tradition in der Familiengeschichte“, so Geis. Unvergessen ist auch das Engagement Leuningers als Beauftragter des Bistums für Bosnien und den Kosovo. Mehr als zehn Jahre sei er eine Art „Außenminister“ des Bistums gewesen, der die Partnerschaft zwischen den Diözesen Limburg und Sarajevo gepflegt. „Mit systematischer Planung und Dokumentation der Projekte setzte er sich für den Wiederaufbau vieler, vom Krieg zerstörter Orte in der Erzdiözese Sarajevo ein. Häuser, Schulen und Kirchen wurden repariert und so hergerichtet, dass die Menschen zurückkommen und die schmerzlichen Wunden des Krieges langsam heilen konnten“, sagte Geis. Sein Ziel sei es gewesen, dass Menschen wieder mit Würde von ihrer Hände Arbeit leben können. So sei er für viele zum Mutmacher und Hoffnungsträger geworden.
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Lebensstationen
Ernst Leuninger wurde am 5. November 1933 in Köln-Ossendorf geboren. Nach dem Theologiestudium an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen und der Universität München empfing er am 8. Dezember 1959 die Priesterweihe durch Bischof Dr. Wilhelm Kempf. Nach einem einmonatigen Seelsorgepraktikum in der Dompfarrei Wetzlar wirkte Leuninger als Kaplan in Lorch, Wetzlar-Niedergirmes und Frankfurt/St. Bernhard. Zum 18. April 1966 wurde er Bezirksjugendseelsorger im Rheingau, zum 1. Januar 1968 zusätzlich Geistlicher Assistent der Caritasarbeit im Rheingaukreis.
Im Februar 1970 übertrug ihm der Bischof das neu geschaffene Seelsorge-Referat am Bischöflichen Ordinariat und ernannte ihn zum Ordinariatsrat. Im Zuge der Neuorganisation des Bischöflichen Ordinariates wurde er später zum ersten Dezernenten des Dezernates Grundseelsorge, dem heutigen Dezernat Pastorale Dienste, berufen. In dieser Zeit war er Mitglied des Geistlichen Rates, der Personalkammer, der Dezernentenkonferenz, der Plenarkonferenz und des Diözesankirchensteuerrates, Direktor des Bonifatiuswerkes im Bistum Limburg sowie ab November 1977 Synodalprüfer. Zum 15. Juli 1979 übernahm er das Dezernat Erwachsenenarbeit.
Zwischen 1982 und 2004 übernahm Leuninger weitere Aufgaben im Bistum. So war er Diözesanpräses der Büchereiarbeit im Bistum, Diözesanpräses der KAB Diözesanverband Limburg sowie Rector ecclesiae der Kirche in Nothgottes.
Ein wesentlicher Schwerpunkt des Verstorbenen war die wissenschaftliche Tätigkeit: Nach dem Abschluss seiner Promotion zum Doktor der Theologie im Juli 1980 und der Habilitation für das Fach Christliche Gesellschaftslehre im Mai 1985 hielt ab 1987 als Honorarprofessor regelmäßig Vorlesungen an der Theologischen Hochschule der Pallottiner in Vallendar. Zum Sommersemester 1999 wurde er als ordentlicher Professor auf den Lehrstuhl für Pastoraltheologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar berufen und war bis zum Jahr 2001 in Forschung und Lehre aktiv.
Als Beauftragter von Bischof Dr. Franz Kamphaus für Bosnien und das Kosovo setzte er sich für den Wiederaufbau von Häusern und Kirchen ein und organisierte die erfolgreichen Spendenprojekte „Schafe für Bosnien“ und „Kühe für den Kosovo“. Für seine außergewöhnlichen Mühen wurde er 1999 von Vinko Kardinal Puljic zum Ehrenkanonikus der Kathedrale von Sarajevo ernannt.